Die Neue Richtlinie für Öffentlichkeitsbeteiligung der Stadt Frankfurt

Frankfurt hat eine neue Richtlinie für Öffentlichkeitsbeteiligung beschlossen - eine sinnvolle Initiative. Nach Jahren von verstreuten Bürgerbeteiligungsprojekten auf verschiedenen lokalen Webseiten, bringt die Stadt nun mehr Transparenz in die Prozesse.
Was lange währt, wird endlich gut
Wer sich wie wir bei “Frankfurt gestalten” schon seit 2008 in der lokalen Bürgerbeteiligung engagiert, kennt das Problem: Man verliert schnell den Überblick, was es eigentlich für Aktivitäten wo und wann gibt. Zwar hat Frankfurt in den letzten Jahren schon einiges auf die Beine gestellt – FFM.de, die Beteiligungsplattform, Mängelmelder – aber das große Bild fehlte.
Das ändert sich jetzt: Alle Öffentlichkeitsbeteiligungsprojekte müssen künftig an einem zentralen Ort gelistet werden. Und das Beste daran: Es ist verbindlich, nicht nur ein netter Versuch.
Was sind die Ziele der Richtlinie?
Da stehen im Dokument folgende Punkte:
Mit der Richtlinie legt die Stadt Frankfurt am Main Standards für die Öffentlichkeitsbeteiligung
fest. Die Standardisierung einer guten Öffentlichkeitsbeteiligung ist wichtig, um
- die Beteiligungskultur in Frankfurt am Main auszubauen,
- die Transparenz in Beteiligungsprozessen zu erhöhen,
- politische Entscheidungen auf Grundlage einer Vielfalt an Perspektiven treffen zu können,
- bei Interessenskonflikten frühzeitig tragfähige Lösungen zu entwickeln,
- das Vertrauen der Öffentlichkeit in Entscheidungen der Politik und Verwaltung zu stärken,
- Gremien der Stadt Frankfurt am Main in ihrer Arbeit zu stärken, die der Öffentlichkeit eine Teilhabe ermöglichen, wie zum Beispiel die Ortsbeiräte, die Kommunale Ausländerinnen- und Ausländervertretung, der Jugendhilfeausschuss.
Welche Projekte müssen überhaupt zur Bürgerbeteiligung?
Die Richtlinie definiert klare Kriterien für die Frage, wann Bürger mitentscheiden können. Geprüft wird nach:
- großem Projektvolumen (Euro)
- sehr wahrscheinlich hoher Anzahl betroffener Menschen
- hohem öffentlichen Interesse im Stadtteil oder in der Gesamtstadt
- großer Veränderung des Ortsbildes oder des Raumes durch das Vorhaben
Was allerdings noch fehlt: konkrete Schwellenwerte. Die Kriterien sind nicht quantifiziert, es muss sich also erst zeigen, was jeweils die Schwellen sind. Hier wird die Praxis entscheiden müssen.
Der wichtige Unterschied zu Bürgerbegehren
Immer wieder gibt es Verwirrung zwischen verschiedenen Formen der Bürgerbeteiligung. Deshalb noch mal zur Klarstellung:
Bürgerbegehren: Bürger haben bereits eine konkrete Lösung und wollen diese per Abstimmung durchsetzen – es geht um “Ja oder Nein” zu einem fertigen Vorschlag. Das Ergebnis ist bindend für die Verwaltung.
Frankfurter Öffentlichkeitsbeteiligung: Bürger bekommen die Chance, bei einem Thema mitzureden und mitzugestalten, bevor Entscheidungen getroffen werden. Es geht um gemeinsame Lösungsentwicklung im Dialog, nicht um Durchsetzung einer vorgefertigten Position.
Ein besonders interessantes Detail: Bürger können künftig selbst Beteiligungsverfahren einfordern. Wenn sich 400 Personen innerhalb von 55 Tagen für ein Vorhaben finden, muss der Magistrat entweder eine Bürgerbeteiligung beschließen oder begründen, warum das nicht geht. Das ist eine echte Neuerung und gibt Bürgern ein konkretes Instrument an die Hand.
Wahlen und Formen der direkten Demokratie wie Bürgerbegehren werden übrigens bewusst nicht in der Richtlinie geregelt – sie bleiben als separate Instrumente bestehen.

Die Schwachstelle: Qualität der Dokumentation
Ein wichtiger Punkt, der noch Nachbesserung braucht: Die Qualität der Dokumentation. Zwar sollen Beteiligungsprozesse künftig spätestens nach drei Monaten dokumentiert sein – das ist gut. Aber schaut man sich die bestehende Liste vergangener Projekte auf der Website an, sind diese sehr schwach dokumentiert. Man bekommt kaum einen guten Überblick über den Prozess und das Thema.
Hier muss definitiv noch ein Qualitätssprung kommen, damit die Dokumentation wirklich hilft, Projekte aus verschiedenen Blickwinkeln zu verstehen.
Evaluation als Schlüssel zum Erfolg
Prima ist der Punkt Evaluation: Solche Prozesse sollen fortwährend evaluiert werden, um sowohl die Reichweite zu prüfen (was online immer wieder eine Herausforderung ist) als auch die Qualität der Ergebnisse der Beteiligung. Das ist entscheidend, denn nur durch kontinuierliche Verbesserung kann aus der gut gemeinten Richtlinie eine wirklich wirksame Praxis werden.
Fazit: Ein wichtiger Schritt vorwärts
Die Frankfurter Richtlinie für Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Nach Jahren des Wildwuchses bringt sie endlich Struktur und Verbindlichkeit in die Bürgerbeteiligung.
Klar, einige Details müssen sich noch in der Praxis bewähren – von den konkreten Schwellenwerten über die technische Umsetzung bis hin zur Qualität der Dokumentation. Aber der politische Wille ist da, und das ist schon mal viel wert.