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Freiheit der Kunst wiederherstellen

Lesezeit: 4 Minuten
Partei(en): ÖkoLinX-ARL

S A C H S T A N D :

Antrag vom 20.06.2016, OF 60/1

Betreff: Freiheit der Kunst wiederherstellen
Der Ortsbeirat unterstützt das Performanceprojekt "Im Windschatten des Niedergangs" der Nachwuchskünstler*innengruppe "Frankfurter Hauptschule" mit 800€ aus seinem Budget.

Begründung:

Die Künstler*innengruppe "Frankfurter Hauptschule" wollte am 13., 14. und 15. November 2015 in der Galerie Kaiser P einer 45minütige Performance unter dem Titel "Im Windschatten des Niedergangs" aufführen. Im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit wurde von den Künstler*innen auch die seit einigen Jahren im Bahnhofsviertel vor sich gehende Umwandlung des Viertels in eine Partywiese für Besserverdiende und die damit einhergehende Vertreibung der dort angestammten Bevölkerung kritisiert. Im Fokus der Kritik stand dabei die Initiative TAB (Taunusstraße Arts + Bites), die mit Events und Livekonzerten die Taunusstraße "aufwerten" will. Aus der Sicht der "Frankfurter Hauptschule" geht es TAB mit diesen Aktionen aber vor allem darum, die dort ansässigen Drogenkonsument*innen zu vertreiben. An dieser Initiative ist unter anderem der Sicherheitsdezernent Markus Frank beteiligt. Dieser war sich nun nicht zu Schade, sein provinzielles und affirmatives Kunstverständnis in aller Öffentlichkeit kund zu tun, als er auf das Kulturamt einwirkte, die Förderung der Performance in der Höhe von 800€ zurück zu nehmen. Die Künstler*innen blieben auf den bereits verausgabten Kosten von 800€ sitzen und konnten zudem die Performance nicht wie geplant umsetzen. Dass ein Vertreter der Stadt sich hier aktiv für die Zensur von Kunst einsetzt, ist ein Vorgang, den es in dieser Stadt wohl seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Die Künstler*innen warfen mit ihrer Performance aber Fragen auf, die von höchster politischer Brisanz sind und direkt die Entwicklung des Bahnhofsviertels betreffen. So heißt es in dem Projektantrag: "Mit 'Im Windschatten des Niedergangs' wollen wir als Projektteam zwar Position im Diskurs um die Befriedung, Aufhübschung und Verdrängung im Bahnhofsviertel beziehen, uns aber auch bewusst angreifbar machen: Genau wie unsere fiktionale Figuren, tragen wir auch Rechnung in der Gemengelage Gentrifizierung in Frankfurt. Die Unklarheit der eigenen Position, die ambivalent zwischen dem persönlichen, künstlerischen und sozialen Interesse schwingt, soll drastisch thematisiert und ausgestellt werden. [...] Die Performance ist als Anstoß für die Reflexion über das soziale Leben in einem heterogenen und sich rasch entwickelnden Stadtviertel gedacht" Auch wegen dieser Reflexion über die zukünftige Entwicklung des Bahnhofsviertels mit den Mitteln der Kunst liegt eine Unterstützung des Projekts im Interesse der Ortsbeirats 1. Der Ortsbeirat erstattet den Künstler*innen daher die angefallenen Kosten im Rahmen von 800€. Er setzt so auch ein Zeichen für die Freiheit der Kunst, für die Unabhängigkeit von Kunstförderung und für ein herrschaftskritisches Verständnis von Kunst. Anlage 1 (ca. 40 KB)
Beratung im Ortsbeirat: 1

Beratungsergebnisse:

3. Sitzung des OBR 1 am 05.07.2016, TO I, TOP 25 Beschluss: Die Vorlage OF 60/1 wird abgelehnt. Abstimmung: SPD, CDU, FDP, PARTEI und fraktionslos gegen 2 GRÜNE, LINKE. und ÖkoLinX-ARL (= Annahme); 1 GRÜNE und BFF (= Enthaltung)