Beispiel Leipziger Straße 85: Was kann die Stadt tun, um Kleingewerbetreibende in den Frankfurter Stadtteilen vor Verdrängung zu schützen? - Appell an die soziale Verantwortung der Eigentümerin der Leipziger Straße 85

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Partei(en): GRÜNE SPD

S A C H S T A N D :

Antrag vom 25.08.2024, OF 983/2 Betreff: Beispiel Leipziger Straße 85: Was kann die Stadt tun, um Kleingewerbetreibende in den Frankfurter Stadtteilen vor Verdrängung zu schützen? - Appell an die soziale Verantwortung der Eigentümerin der Leipziger Straße 85 Der Ortsbeirat möge beschließen, 1. der Magistrat wird gebeten, bezugnehmend und ergänzend zu der ST 789 vom 19.04.2024 an den Ortsbeirat 2 zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen: a) Was tut die Stadt Frankfurt, um zu verhindern, dass bestehende und etablierte Kleingewerbebetriebe durch scheinbar willkürliche Pachterhöhungen (z.B. ehemaliges Heck-Meck in der Friesengasse) oder auch Kündigungen (aktuell Kiosk 85 im Ladenlokal in der Leipziger Straße 85) zwecks Renditeerhöhung durch (private) Eigentümer aus den Frankfurter Stadtteilquartieren sozial unverträglich verdrängt werden? Der vorstehenden Frage sei die Auffassung des Ortsbeirates nachgestellt, dass auch der effektive Schutz von bestehenden und etablierten Kleingewerbebetrieben in Frankfurter Stadtteilquartieren insbesondere dann Ziel und Aufgabe der Frankfurter Wirtschafts- und Planungspolitik sein müssten bzw. der Bedarf für einen effektiven Schutz mindestens dann besteht, wenn die zu schützenden Kleingewerbebetriebe sich im Geltungsbereich einer bestehenden Milieuschutzsatzung befinden, wie z.B. in Bockenheim das ehemalige Heck-Meck in der Friesengasse oder aktuell der Kiosk 85 im Ladenlokal in der Leipziger Straße 85. b) Bezugsnehmend auf die Stellungnahme vom 19.04.2024. ST 789 an den Ortsbeirat wird die Aussage des Magistrats (siehe zu Ziffern 13. und 14. der ST 789), er (der Magistrat) ergreife derzeit keine weitere Initiative zur Anpassung des Gewerbemietrechts oder von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen, da der Bundestag 2019 (!) auf die entsprechende Bundesratsinitiative von 2018 (!) den Bedarf einer Gesetzesinitiative "prüfe", wird als unzureichend zurückgewiesen. Unter der Annahme des Ortsbeirats, dass der Stadt Frankfurt für einen effektiven Schutz vor Verdrängung von bestehenden und etablierten Kleingewerbebetrieben in Frankfurter Stadtteilquartieren - insbesondere auf dem Gebiet einer bestehenden Milieuschutzsatzung - die gesetzlichen Rahmenmöglichkeiten fehlen und ein solcher gesetzlicher Rahmen nur durch eine entsprechende Gesetzgebung des Bundes und in der Folge des Landes Hessen hergestellt werden kann, bittet der Ortsbeirat 2 den Magistrat um Stellungnahme, (i) ob der Magistrat - unterstellt, er teilt die vorherige Annahme des fehlenden gesetzlichen Rahmens zum Schutz des Kleingewerbes- auch die politische Forderung des Ortsbeirates ausdrücklich teilt bzw. den Bedarf in den Frankfurter Stadtteilen erkennt, dass der Bund und in der Folge das Land Hessen durch die Schaffung von entsprechenden gesetzgeberischen Rahmenbedingungen die Stadt Frankfurt in den Stand zu versetzen soll, Kleingewerbebetrieben in Frankfurter Stadtteilquartieren - insbesondere im Geltungsbereich einer bestehenden Milieuschutzsatzung - effektiven Schutz vor Verdrängung gewähren zu können; (ii) welche konkreten gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz des Kleingewerbes vor Verdrängung der Magistrat für sinnvoll hielte; (iii) was der Magistrat tatsächlich unternimmt bzw. unternehmen könnte, um die unter (i) beschriebene Forderung in seiner politischen Umsetzung zu befördern (z.B. über den Deutschen Städtetag im Verbund mit vergleichbaren Kommunen). c) Was tut die Stadt Frankfurt im derzeitigen gesetzlichen Rahmen, um Kleingewerbebetriebe in Frankfurter Stadtteilen, die von Verdrängung bedroht sind, zu unterstützen? Insbesondere bittet der Ortsbeirat den Magistrat folgende Fragen ergänzend hierzu zu beantworten: (i) Hat die Stadt Frankfurt einen Überblick über den aktuellen Leerstand an Gewerbeflächen auf und um die Leipziger Straße und kennt die jeweiligen Gründe des Leerstandes? Falls nicht - besteht die Absicht einer Leerstandserfassung? (ii) Besteht aktiver Kontakt mit Eigentümern von leerstehenden Gewerbeflächen auf und um die Leipziger Straße, um ggf. in Fällen, in denen bestehende und etablierte Kleingewerbebetriebe verdrängt werden (z.B. ehemaliges Heck-Meck in der Friesengasse oder aktuell der Kiosk im Ladenlokal in der Leipziger Straße 85), bei der Vermittlung von Ersatzflächen effektiv zu unterstützen? 2. der Ortsvorsteher des Ortsbeirates - 2 wird gebeten, seine Bemühungen in Form von Gesprächs- und Vermittlungsangeboten sowie den Appell an die soziale Verantwortung gegenüber der Eigentümerin der Leipziger Straße 85 mit ausdrücklicher Billigung bzw. Unterstützung des Ortsbeirates fortzusetzen, um im hoffentlich stattfindenden Dialog zwischen Pächter und Eigentümer den vor Ort bestehenden Kleingewerbebetrieben die Möglichkeit zu eröffnen, möglichst mittelfristig (5 Jahre) ihre Kleingewerbebetriebe an der Leipziger Straße 85 weiterzuführen.

Begründung:

Die FR berichtete am 02.08.2024 über die Kündigung gegenüber dem Pächter von Kiosk-85 in der Leipziger Straße 85, der nun seit über 16 Jahren vom Pächter betrieben wird. Siehe link: Kiosk 85 in Frankfurt steht vor dem Aus Zwischenzeitlich wurden nach Angabe des Kioskpächters bis zu 2.000 Unterschriften aus der Nachbar- und Kundschaft der Leipziger Straße 85 gesammelt, die den Erhalt des Kiosk-85 fordern. Der Ortsbeirat hofft gemeinsam mit den UnterstützerInnen der Nachbarschaft des Kiosk-85, dass der Pächter im privatrechtlichem Einvernehmen mit dem Eigentümer seinen Kiosk auch mittelfristig weiterbetreiben kann. Der Ortsbeirat kann sich in der Person des Ortsvorstehers hier allerdings lediglich als Vermittler anbieten, um dem Votum der sich mit dem Kiosk-85 solidarisierenden Nachbar- und Kundschaft des Kiosk-85 Nachdruck zu verleihen. Neben der nun jahrzehntelang gewachsenen Versorgungsfunktion des Kiosk-85 (u.a. umfangreiche Dienstleistungen der Deutschen Post) für die Nachbarschaft im Quartier stellt die Kündigung auch für das Pächterehepaar eine große Härte in ihrer Existenzgrundlage dar, da es für den Pächter nicht leicht sein wird mit Mitte sechzig "neu anzufangen" und einen Kioskbetrieb an anderer Stelle aufzubauen. Daher hofft der Ortsbeirat, dass den Pächtern der Leipziger Straße 85 wenigstens eine mittelfristige Perspektive ihres Kleingewerbes ermöglicht werden kann und die Eigentümerin die wohl beabsichtigte Neuordnung der Ladenlokale bitte insoweit zeitlich verschiebt. Eine rechtliche Verpflichtung der Eigentümerin in diesem Sinne zu handeln -und dies sei an dieser Stelle offen gesagt- kann der Ortsbeirat nicht erkennen, so dass es auf ein Einlenken der Vertreter der gegenwärtigen Eigentümerin ankommen wird. Es sind daher eher Argumente der sozialen Empathie in dieser Situation gegenüber der Nachbarschaft, Kundschaft und nicht zuletzt gegenüber dem jeweiligen Pächterehepaar, die die Vertreter der Eigentümerin dazu bewegen mögen, im Sinne der bestehenden Kleingewerbebetriebe ihre Pläne nochmals mittelfristig zu verschieben. Leider gehört der "Erhalt des Kleingewerbes" nicht zum sogenannten Milieuschutz im Rahmen einer Erhaltungssatzung nach BauGB, in deren Gebiet sich die Leipziger Straße 85 befindet. Auch das Privatrecht schützt den Kleingewerbepächter aus Sicht des Ortsbeirats nur unzureichend. Der Ortsbeirat hat sich in der OM 3432 vom 23.01.2023 ausführlich mit den gegenwärtigen Schutzmöglichkeiten von Stadtteilgewerbe und Gastronomie in Bockenheim auseinander gesetzt. Fälle, in denen bestehende und etablierte Kleingewerbebetriebe durch willkürliche Kündigung oder eklatante Pachterhöhung sozial unverträglich verdrängt werden findet häufiger in Bockenheim bzw. den Frankfurter Stadtteilen statt als die in Bockenheim öffentlich diskutierten Fälle der inzwischen verschwundenen Traditionskneipe des ehemaligen Heck-Mecks in der Friesengasse oder nun aktuell der Kiosk-85 in der Leipziger Straße. Der Bedarf für eine Gesetzesreform ist in den Frankfurter Stadtteilen ohne Frage gegeben. Der Magistrat führt in seiner Stellungnahme vom 19.04.2024. ST 789 gegenüber dem Ortsbeirat wörtlich aus: "Vor dem Hintergrund der für kleinere und mittlere Gewerbebetriebe einhergehenden Herausforderungen hat der Bundesrat die Bundesregierung qua Entschließung vom 19. Oktober 2018 (Drucksache 414/18) gebeten, "Maßnahmen im Dreiklang aus Gewerbemietrecht, Wirtschaftsförderung und Städtebaurecht zu prüfen, die geeignet sind, einer Verdrängung von kleinen und mittleren Unternehmen, von Einzelhandels- und Handwerksbetrieben und sozialen Einrichtungen in innerstädtischen Lagen entgegenzuwirken." Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage im Bundestag (Drucksache 19/7410) prüft die Bundesregierung "gemäß der Entschließung [. .] derzeit, ob ein Bedarf für entsprechende Maßnahmen besteht." Aufgrund dessen ergreift der Magistrat derzeit keine weitere Initiative zur Anpassung des Gewerbemietrechts oder von Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungen." Soweit der Magistrat mit einem Prüfvorgang des Bundestages (Ergebnis?) aus dem Jahre 2019 argumentiert, "keine weitere Initiative" zu ergreifen, ist dies schlicht nicht akzeptabel. Der Magistrat der Stadt Frankfurt darf aus Sicht des Ortsbeirates nicht den Eindruck hinterlassen, er habe sich politisch mit dem Status Quo in der Sache des Schutzes von Kleingewerbebetrieben vor Verdrängung aus Renditegründen in den Frankfurter Stadtteilen abgefunden - selbst wenn die gesetzgeberische Verantwortung einer Reform unstreitig beim Gesetzgeber im Bund liegt.Beratung im Ortsbeirat: 2

Beratungsergebnisse:

33. Sitzung des OBR 2 am 09.09.2024, TO I, TOP 18 Auf Wunsch der CDU- und der FDP-Fraktion wird über die Vorlage OF 983/2 ziffernweise abgestimmt. Beschluss: Auskunftsersuchen V 1013 2024 Die Vorlage OF 983/2 wird in der vorgelegten Fassung beschlossen. Abstimmung: Ziffern 1. a) und 1. b): GRÜNE, SPD, Linke und ÖkoLinX-ARL gegen CDU und FDP (= Ablehnung) Ziffern 1. c) und 2.: Einstimmige Annahme