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Keine Betonburg am Stadtrand – für eine vernünftige Stadtplanung im Frankfurter Nordwesten!

Lesezeit: 11 Minuten
Partei(en): CDU

S A C H S T A N D :

Antrag vom 09.10.2017, OF 201/7 Betreff: Keine Betonburg am Stadtrand - für eine vernünftige Stadtplanung im Frankfurter Nordwesten! Der Ortsbeirat wolle beschließen: 1. Der Magistratsvortrag 176 und damit die Voruntersuchung für eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme mit dem Ziel, westlich und südlich der Nordweststadt und darüber hinaus auch westlich der A 5 bis zu den Stadtgrenzen von Steinbach und Oberursel eine Großsiedlung für bis zu 30.000 Menschen zu bauen, wird abgelehnt. 2. Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, die M 176 ebenfalls abzulehnen. 3. Die Stadtverordnetenversammlung wird gebeten, zur Fortsetzung der Wohnbaulandentwicklung im Frankfurter Nordwesten und auf der Basis eines konventionellen Bebauungsplanverfahrens zügig eine maßvolle Erweiterung Praunheims im derzeitigen Außenbereich rund um die frühere Ziegelei am Steinbach (Steinbacher Hohl 150) zu verwirklichen. Eine Nutzung von Flurstücken, die innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes B696 (Gewerbegebiet nördlich Heerstraße, Teilbereich 2, M 22 v. 13.01.2012) zu Wohnbauzwecken ist dabei nicht vorzusehen.

Begründung:

Mit der Vorlage M 176 soll der Magistrat beauftragt werden, auf den Gemarkungen Praunheim und Niederursel vorbereitende Untersuchungen für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme durchzuführen. Erklärungen des Planungsdezernenten der Stadt Frankfurt am Main zufolge besteht ein Wohnbaupotential für bis zu 30.000 Menschen. Schwerpunktmäßig soll eine Erweiterung der Nordweststadt nach Westen und Süden bis nach Praunheim sowie eine "Siedlungsentwicklung" auf den großen Acker- und Kaltluftproduktionsflächen westlich der A 5 geprüft werden. Für das bislang als Gewerbegebiet ausgewiesene Areal nördlich der Heerstraße soll festgestellt werden, ob Ergänzungen mit Wohnnutzungen möglich sind. Diese Zielsetzung eines Mega-Stadtteils, der unter Preisgabe wertvoller Grünflächen und von Teilen des Gewerbegebietes Heerstraße nahtlose Übergänge zwischen den Vordertaunusgemeinden Steinbach und Oberursel einerseits, und den Frankfurter Stadtteilen Niederursel und Praunheim andererseits schaffen würde, wird vom Ortsbeirat grundsätzlich abgelehnt. Der Ortsbeirat kann nachvollziehen, dass die politischen Entscheidungsträger das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme heranziehen wollen, um diesen Stadtteil bauen zu können. Denn die konventionelle Planung einer derart großflächigen Bodenversiegelung wäre nur schwer mit dem Außenbereichs-Paragraphen 35 BauGB in Einklang zu bringen. Grundsätzlich darf im Außenbereich nicht gebaut werden. Ausnahmen sind in Übereinstimmung mit der regionalen Flächennutzungsplanung zwar zulässig, aber das Bauvorhaben darf dem Gesetz zufolge keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen oder diesen selbst ausgesetzt sein. Belange des Natur-, Boden- und Denkmalschutzes oder der Landschaftspflege dürfen nicht beeinträchtigt werden und für das Bauvorhaben unwirtschaftliche Aufwendungen, bspw. für den Straßenbau oder den Bau wie auch die Verlegung von Versorgungsanlagen, dürfen nicht notwendig werden. Das Bauvorhaben darf das Orts- und Landschaftsbild bzw. die natürliche Eigenart der Landschaft nicht zerstören oder verunstalten. Wie aus der Begründung des Magistratsvortrages selbst hervorgeht, handelt es sich tatsächlich um schützenswerte "wertvolle Landschaftsteile im Einzugsbereich des Steinbachs und des Urselbachs", vorwiegend Flächen, die als Landschaftsschutzgebiet I oder II kategorisiert und im Regionalen Flächennutzungsplan als "Vorhaltsgebiete für besondere Klimafunktionen" ausgewiesen sind. Aus Sicht des Magistrates sollen sie zu einem "Bestandteil einer qualifizierten Vernetzung von bebauten Siedlungsteilen und freier Landschaft bzw. Erholungsflächen werden können" (S.4). Das bedeutet aus örtlicher Sicht nichts anderes als die Aufgabe wertvoller Grünflächen, die derzeit zur Sicherung von Frischluftschneisen für ein verträgliches Stadtklima, zur intensiven landwirtschaftlichen Nutzung oder zur Nutzung als Naherholungsfläche für Spaziergänger und Kleingärtner dienen. Insbesondere die noch aktiven landwirtschaftlichen Betriebe, die in diesem Gebiet tätig sind, das sind etwa 15 bis 20, produzieren für die hoher Nachfrage unterliegende Lebensmittelversorgung mit regionalen Erzeugnissen. Die in dem Untersuchungsgebiet tätigen Bauern gehören zur heimischen Identität, die aus Sicht des Ortsbeirats schützenswert ist. Zugleich zielt die Voruntersuchung darauf ab, bereits gesicherte Gewerbeflächen nördlich der Heerstraße für Wohnzwecke nutzbar zu machen. Gewerbeflächen sind in Frankfurt knapp und werden speziell in Praunheim benötigt. Der Ortsbeirat lehnt eine Aufweichung des Beschlusses zum Bebauungsplan B696 aus diesem Grund ab. Dem Vernehmen nach, wird in dem zukünftigen Baugebiet eine verdichtete, großstädtische Bauweise angestrebt mit Blocks von fünf bis sieben Etagen. Da nach Abzug aller "Problemflächen" (Starkstromleitungen mit Abstandsgebot, Verbreiterung der Autobahn mit bereits planfestgestellten Lärmschutzwällen, Trinkwasser- und Gasversorgungsleitungen, Überschwemmungsgebiete, Vogelschutzgebiete für die seltene Feldlerche sowie den Sumpfrohrsänger, der vorhandenen Tennisanlage usw.) eine hohe Einwohnerzahl in diesem Gebiet nur rentabel durch reinen Geschosswohnungsbau erzielt werden kann, entstünde langfristig ein Problembezirk, der für den sozialen Frieden im Frankfurter Nordwesten abträglich wäre. Es stellt sich zudem die Frage, wie man auf die Idee kommen kann, ein Siedlungsprojekt dieser Größenordnung direkt an der viel befahrenen A5 mit entsprechender Hochlärmbelastung anzusiedeln und welches Menschenbild hinter dieser Zielsetzung steckt. Auch aus diesen Gründen lehnt der Ortsbeirat einen derart großen zusätzlichen Stadtteil auch auf dem Gebiet des Ortsbezirks 7 ab. Zur möglichen verkehrlichen Erschließung des großen Wohngebietes enthält der Magistratsvortrag nur vage Andeutungen zu Verkehrsprojekten, die schon ohne einen zusätzlichen Stadtteil dieser Größe zur Abwicklung der Verkehrsströme im Frankfurter Nordwesten längst erforderlich gewesen wären, vom Magistrat aber bisher nicht wirklich effektiv, sondern eher halbherzig vorangetrieben wurden: RTW über Praunheimer Weg zum Nordwestzentrum, Südumgehung Weißkirchen, Ortsumfahrung Praunheim mit Durchbau bis zum Nordwestzentrum. Speziell auf die Ortsumfahrung Praunheim mit ihrer Tunnelführung bis zum Erich-Ollenhauer-Ring angesprochen, hat der Frankfurter Planungsdezernent über die Presse und bei der Bürgerinformationsveranstaltung am 27.09.2017 bereits verlauten lassen, sich darauf nicht festlegen zu wollen. Es ist daher zu fragen, wie ernst gemeint die Ankündigung des Magistrats ist, zuerst die Infrastruktur schaffen zu wollen, dann die Wohnungen. Die vermutlich am schnellsten herstellbare Anbindung des geplanten Stadtteils an die U 6 wird sehr wahrscheinlich nicht ausreichen, um die Quartiere, wenn sie die angepeilte Größe mit mehreren tausend Einwohnern erzielen, tragfähig mit dem ÖPNV zu vernetzen. Die A-Linie der U-Bahn Richtung Hauptwache ist heute bereits an der Belastungsgrenze, und ob die RTW, deren Ast bislang im Halbstundentakt zum Gewerbegebiet an der Heerstraße führen soll, die erforderliche Verkehrsleistung erbringt, ist unklar. Die Rosa-Luxemburg-Straße ist in der Rush Hour bereits jetzt an der Belastungsgrenze. Verkehrsströme müssten folglich auch durch die Nordweststadt und durch Praunheim abfließen. Diese zusätzliche Belastung etwa von Wohnstraßen wie dem Gerhart-Hauptmann-Ring oder noch mehr Ost-West-Verkehr über Heerstraße und Bernadottestraße / In der Römerstadt ist nicht mehr zumutbar und wird vom Ortsbeirat abgelehnt. Für die verkehrliche Erschließung des angedachten Baugebietes ist aus heutiger Sicht eine befriedigende Lösung nicht zu erwarten. Folgerichtig soll sich die Untersuchung wohl auch deshalb auf sogenannte "Anpassungsbereiche" außerhalb des eigentlichen Untersuchungsgebietes beziehen, in denen aus "verkehrlichen" und "infrastrukturellen" Gründen bauliche Maßnahmen erforderlich sein können. Diese Anpassungsbereiche enthalten das Urselbachtal zwischen Autobahnbrücke und Spielsgasse, den Großteil des denkmalgeschützten Alt-Niederursel, den Weißkirchener Weg und alle Stichstraßen westlich der Hauptstraße des Gerhart-Hauptmann-Rings. Die Grenze des Untersuchungsgebietes verläuft weiter entlang des Praunheimer Weges über die Haingrabenstraße zur Heerstraße. Damit ist klar, in welcher Weise diese Trabantenstadt an Frankfurt vor allem in verkehrlicher Hinsicht angebunden werden soll. Aus Praunheimer Sicht bergen diese "Anpassungsbereiche" erhebliche Risiken für die bestehende Lebensqualität in Straßenzügen wie bspw. der Steinbacher Hohl, Oberhöchstädter Weg, Haingrabenstraße und Alt-Praunheim. Der Ortsbeirat plädiert für eine vernünftige Stadtplanung, die auf intelligent konzipierte Arrondierungen und Verdichtungen mit attraktivem neuen Wohnraum setzt. Die Entwicklung des früheren Ziegeleigeländes und des großen Grundstücks zwischen dem Steinbach und den Behelfsheimen an der Steinbacher Hohl ist deshalb aus Sicht des Ortsbeirats voranzutreiben. Eine komplette Bebauung der großzügigen Freiflächen zwischen Paul-Kornfeld-Weg und dem Steinbach wird vom Ortsbeirat abgelehnt, um genügend Flächen für Naherholung, Landwirtschaft und Kaltluftproduktion freizuhalten.Hauptvorlage: Vortrag des Magistrats vom 08.09.2017, M 176 Beratung im Ortsbeirat: 7

Beratungsergebnisse:

16. Sitzung des OBR 7 am 24.10.2017, TO I, TOP 10 Beschluss: 1. Der Vorlage M 176 wird zugestimmt. 2. Die Vorlage OF 201/7 wird abgelehnt. 3. Die Vorlage OF 202/7 wird bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung zurückgestellt. Abstimmung: zu 1. SPD, GRÜNE, FARBECHTE und FDP gegen CDU und REP (= Ablehnung) zu 2. SPD, GRÜNE, FARBECHTE und FDP gegen CDU und REP (= Annahme) zu 3. Einstimmige Annahme